2.1 Die richtigen Leute an den Tisch bekommen
Die Stakeholder, die in ein Lernraumprojekt involviert sind, können als Teil eines Universitäts-Ökosystems gesehen werden. In groben Zügen sieht die Struktur dieses Ökosystems so aus:
Strategieebene | Eine Lernraumstrategie, die auf fundierten, pädagogischen Prinzipien basiert, mit der Lern- und Lehrstrategie verbunden ist und idealerweise auch in die Gebäude und Flächenstrategien eingebettet ist. Eine akademische Leitung, die sich für jedes Einzelprojekt einsetzt. |
Managementebene | Die zentrale Fachabteilung, die für die Durchführung der Einzelprojekte verantwortlich ist. |
Anwenderebene | Einzelne Forschende/Dozierende und Studierende, die an Arbeitsgruppen o.ä. für Einzelprojekte teilnehmen und die letztendlich die Nutzenden des Raums sind. Supportpersonal, das Serviceangebote in oder für den Lernraum anbietet. |
In diesen Begriffen zu denken ist ein Ausgangspunkt um herauszufinden, wer einbezogen werden sollte, obwohl die vereinfachte Struktur nicht alle Stakeholder umfasst. Eine beispielhafte Liste von Stakeholdern für eine Lernraumprojekt enthält diejenigen, die eine Rolle spielen bei:
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Lernen/Raumnutzung, oft über einen gesamten Tag hinweg
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Akademische Leitung (entweder disziplinspezifisch oder auf allgemeine Räume bezogen)
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Lehren oder eine Art von angeleitetem Lernen in dem Raum
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Managen der Gebäudestruktur
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Managen der IT und elektrischen Infrastruktur
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Lernsupport, inklusive audiovisueller Support
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Raumvergabe
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Lernressourcen anbieten
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Technischen Support in den Räumen anbieten
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Andere Formen von Studierenden-Support in oder in Verbindung mit den Räumen anbieten
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Reinigung, Aufbau und Erhaltung der Räume
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Sicherheit der Räume
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Gesundheit und Schutz in den Räumen
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Finanzierung des Projektes und laufender Kosten
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das Projekt mit externem Spezialwissen unterstützen
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Veranstaltungen und Konferenzen
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Studierenden- und Akademische Service-Veranstaltungen (wie etwa Karrieremessen)
Hierzu ergänzend eine Übersicht verschiedener Stakeholder-Gruppen aus dem US-amerikanischen Toolkit. Stakeholder-Gruppen umfassen institutionelle Projekteigner (project owner), das Design/Programm Team, Beratungsgruppen/-ausschüsse, zukünftige Nutzendengruppen, Ausschüsse (z.B. Fakultätssenat), Campusexperten und -expertinnen für bestimmte Themen (z.B. Dekanat für Lehre), aber auch externe Gruppen wie Regierungsbehörden.
Projekteigner - initiieren, verwalten und liefern das Projekt aus, außerdem kümmern sie sich um Personalbesetzung und den Betrieb des Projekts nach Fertigstellung.
Stakeholder | Ziel(e) | Tätigkeiten |
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Projektführung (Projektsponsor) | Sicherstellen, dass die Projektergebnisse mit Mission, Plänen und Betrieb der Einrichtung übereinstimmen und/oder diese voranbringen. | Aufsicht, wichtige Anweisungen und Input für Planung/Design liefern. Gesamt-Zeitplan und Budget, sowie Personal und Ressourcen zum Betrieb des Projektes nach Fertigstellung bewilligen. Können sich mit Problemen und Änderungen innerhalb der Bauphase befassen. |
Lenkungs- oder Bauausschuss (inklusive Führungspersonal der Universitätsverwaltung, Gebäudeplanung, Bibliotheks- und Studierendenservices und Lehrkörper) | Durch Aufsicht und Management den Projekt-Stakeholder ermöglichen, ihre Rollen und Verantwortlichkeiten wahrzunehmen | Stellen fortlaufend Input und Hinweisen bereit, während sie gleichzeitig als zentrale Sammelstelle von Informationen und Input auf dem Campus dienen. Projektbeteiligte verbinden und als Projektvertretung gegenüber anderen Gruppen innerhalb und außerhalb der Einrichtung handeln. Personal- und Ressourcenentscheidungen leiten. |
Gebäude-/Anlagenplanung des Campus, typischerweise auch Projektmanagement | Ein zeit- und budgetgerechtes Projekt liefern. Raumprobleme, wie z.B. Planungsbedingungen, Standort / Kontextabwägungen und operative Dinge managen | Projektbudget und Zeitplan setzen; Designteam und/oder Beratende auswählen; Designprüfungen leiten; und Ausschreibungen, Designgenehmigungsverfahren, Bauadministration und Projektabschluss beaufsichtigen |
Betrieb und Aufrechterhaltung von Einrichtungen | Zu einem optimal funktionierenden Lernraum beitragen | Allgemeine Campus-Dienstleistungen (z.B. Café, Post) betreiben und Gebäudesysteme und -bedingungen unterhalten |
Campusarchitekt/-in | Sicherstellen, dass das Design mit der Campus Vision, Planungen und Standards übereinstimmt | Zu Themen wie Standort / Kontext, Abgleich mit anderen Plänen und Initiativen und Befolgen von Campus-Richtlinien und Standards beraten und Design darauf prüfen. Können in die Auswahl des Design-Teams und Auswahl/Genehmigung von Möbeln involviert sein. |
Design / Programm Team - einen integrierten Design-Plan für Raum, Technologie und Service liefern, der so gut wie möglich auf Projektziele, Zeitplan, Budget und Designanforderungen abgestimmt ist
Stakeholder | Ziel(e) | Tätigkeiten |
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Design Team | Designlösungen entwerfen, die Projektziele und Vision, sowie Raum, Technologie und Servicebedarf deckt | Übertragen von Input und Untersuchungen in Programmgestaltung, Designkonzepte und Pläne. Ausarbeiten von Gebäudetechnik (strukturell, mechanisch, elektrisch, sanitäre und Brandschutzanlagen), Grundrissen und Innenräumen |
Planungsberatung | Stakeholder durch einen sinnvollen Planungsprozess einbinden und leiten | Planungs- und Strategieinformationen und fachkundige Anleitung zur Unterstützung der Planung, einschließlich Raumplanung, Budgetierung/ Kostenschätzungen, Betriebsplanung, Service Design, Markenbildung, Beteiligung/Ermöglichung und Kommunikation |
Technische Beratung | Exzellenz in technischen Bereichen wie Umgebungsbedingungen, Nachhaltigkeit, Usability ermöglichen | Technische Informationen und Expertise in spezifischen Bereichen wie Akustik, Beleuchtung, audiovisuellen Fragen, Wegweiser, Energieeffizienz, Nachhaltigkeit, Lagerung und Zugänglichkeit liefern |
Technologie Team: Campus IT, Abteilungs-IT, Audio/Video IT Consultants, AV Installation, Hersteller/ Ausrüstungsanbieter | Technologiepläne und -spezifikationen liefern | Siehe dazu Technologiepartner/-innen im Kapitel Lerntechnologien für detaillierte Beschreibung und Tätigkeiten |
Nutzendengruppen - Nutzendenperspektiven liefern beim Festlegen von Projektzielen, Anforderungen und Prioritäten. Eine Gemeinschaft/Community um das Projekt herum etablieren, um Unterstützung zu bekommen. Dabei helfen, das Projekt in zukünftigen Erhebungen zu evaluieren.
Stakeholder | Ziel(e) | Tätigkeiten |
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Beratungsausschuss | Input aus zusätzlichen Perspektiven liefern | Input aus einer Außenperspektive liefern um sicher zu stellen, dass das Projekt sich auf Grundlage bewährter Praktiken und in Übereinstimmung mit übergeordneten Plänen und institutionellen Bestrebungen entwickelt |
Studierendenvertretung und Fakultätssenat | Sicherstellen, dass das Design die Vielfältigkeit von Nutzerbedürfnissen abdeckt | Input aus der Sicht von Gebäudenutzenden liefern und eine Abstimmung des Projektes mit größerem Campusbedarf und –zielen ermöglichen |
Studierende und Lehrkörper | Entwicklung eines Lernraums unterstützen, der ihren Bedarf abdeckt | Input aus persönlicher Sicht liefern |
Fachleute - liefern Input und Informationen für spezifischen Bedarf und Ansprüche, wenden campus-spezifische Erkenntnisse, Best Practices und technische Expertise zu Raum-, Service- und Technologieplanung an.
Stakeholder | Ziel(e) | Tätigkeiten |
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Lerntechnologie-Gruppe | Über die Nutzung von Technologie in Lehre und Lernen über die gesamte Institution hinweg beraten und unterstützen | Bereitstellen von Fachwissen über pädagogische Implikationen eines Projektdesigns und -zielsetzung. Beratung zu möglichen Anbindungen mit innovativem Lehrpersonal und relevanten Online-Plattformen sowie zu neuen Technologien, die in Kursen benutzt werden |
Dekanat/Zentrum für Lehre und Lernen | Verbesserung der Lehre in der gesamten Institution durch die Bereitstellung von und/oder Verbindung von Lehrkräften an Ressourcen und Weiterbildungsmöglichkeiten | Input liefern zur Integration akademischer Dienstleistungen für Dozierende und Studierende in den Lernraum, einschließlich Raum-, Personal- und Technologiebedarf |
Schreib-/Lernzentrum | Akademischen Erfolg von Studierenden durch Ressourcen, Tutorien und anderen Support unterstützen | Input liefern zur Integration akademischer Dienstleistungen für Dozierende und Studierende in den Lernraum, einschließlich Raum-, Personal- und Technologiebedarf |
Zentrale EDV | Sicherstellen, dass Technologiepläne mit der zentralen EDV und Netzwerken übereinstimmen und unterstützt werden können | Zu Technologieplänen beraten. Zentrale EDV und Netzwerksysteme im Lernraum instand halten |
Stelle für institutionelle Analyse/Bewertung | Stakeholder ermächtigen, Erhebungen durchzuführen, zu analysieren und zu vergleichen | Bei Erhebungs-/Forschungsabläufen mithelfen, z.B. Zustimmung der lokalen Ethikkommission für Nutzerstudien bekommen, Datenanalyse |
Diese Auflistung macht einen entscheidenden Punkt deutlich: die Komplexität von Lernraumprojekten erlaubt keiner Einzelperspektive allein, alle notwendigen Anforderungen zu erfassen und genug Informationen aufzunehmen, um fundierte Entscheidungen zu treffen. Ein Lernraumprojekt erfordert einen Teamansatz und das bedeutet funktionsübergreifendes Arbeiten von akademischem Personal mit unterstützenden Diensten und die aktive Teilnahme von Lernenden selbst. Für viele der Beteiligten wird dies die erste Erfahrung mit dieser Art von Projekt sein (ein Neubau oder Umbau ist oft eine einmalige Sache im Berufsleben) und jedes Projekt ist einzigartig. Effektive Zusammenarbeit mit all diesen Stakeholdern ist entscheidend für den Erfolg des Projektes. Dazu ist es wichtig, klare Rollen und Verantwortlichkeiten festzulegen, einschließlich der Festlegung, wie Entscheidungen getroffen werden.
Für die Loughborough Design School (mit Burwell Deakins Architects) waren die wesentlichen Prinzipien eines kollaborativen Projektes: Stakeholder einbeziehen, die an Weiterentwicklung glauben; Projektunterstützer identifizieren, um die Idee voranzutreiben; ein Team zusammenstellen, das sich aktiv einbringt und sicherstellen, dass es eine Ausweichlösung/Plan gibt.
Eine Reihe von Mitwirkenden am UK Toolkit äußerten, dass AV und IT Leute häufig zu spät einbezogen werden. Eleanor Magennis ist auf jeden Fall der Ansicht, dass sie früher involviert werden sollten und das Timing ihrer Einbindung davon abhängt, ob es ein Umbau oder Neubau ist: „Die besten von ihnen liefern nicht nur etwas ab, sondern tragen zu dem bei, was möglich ist“.
Es ist nicht nur unerlässlich, die richtigen Leute an den Tisch zu bekommen, alle müssen einander auch verstehen und Dinge nicht so stehen lassen, dass sie falsch interpretiert oder verstanden werden können. Eine gemeinsame Sprache ist nötig, damit, wenn ein flexibler Raum entwickelt wird, jeder in diesem Kontext die gleiche Definition von Flexibilität hat und versteht.
Dies sind einige Dinge, die Mitwirkende des UK Toolkit über Zusammenarbeit und umfassenderes Einbeziehen von Stakeholdern berichtet haben:
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Eine Herausforderung vieler Stakeholder besteht einfach darin, an den Tisch zu kommen.
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Oft werden Studierende gar nicht hinzugezogen.
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Kommunikation ist immer ein großes Thema – sie kann anfangs gut sein und im Verlauf schlechter werden.
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Man muss mehrmals kommunizieren, auch wenn man dasselbe immer wieder wiederholt.
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Bedenken werden oft zu spät angebracht, wenn Entscheidungen schon getroffen sind.
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Manche schließen bewusst AV (audiovisuelle Systeme) aus, weil sie wissen, dass es teuer wird, aber es kostet tatsächlich mehr, Dinge später zu korrigieren.
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Projektleitungen können sehr groß und formell sein – Leuten fällt es oft schwer, sich unter solchen Umständen einzubringen.
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Projektleitungsmeetings können oft eine ziemlich aggressive Atmosphäre haben.
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Studierende sind von großem Wert, weil sie Offensichtliches ansprechen, wohingegen andere Leute zu besorgt um ihr Jobs und Rollen sein könnten.
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Man muss Stakeholdern Dinge mehrmals erklären und sie bitten, diese wiederzugeben um sicherzustellen, dass sie verstanden haben.
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Man muss die wichtigsten Dinge, die man erfülle sollte, im Kopf behalten. Eine kurze Zusammenfassung zu der man immer wieder zurückkehrt kann hilfreich sein, sich auf die Hauptaspekte zu fokussieren.
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Wissenschaftliches Personal, das den Raum anderen Kollegen erklärt, ist besser als wenn das Baudezernat ihn erklärt.
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Sich im tatsächlichen Raum zu treffen, wann und wo möglich, ist immer hilfreich, wenn man Details bespricht.
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Wenn man sich mit dem Bauteam trifft, muss es ein klares Verständnis dafür geben, worauf man sich an jedem Punkt geeinigt hat, bevor man zum nächsten Punkt übergeht.