2.3 Kreatives Denken für eine andere Zukunft
Einer der schwierigsten Aspekte für viele Beteiligte eines Lernraumprojekts ist es, sich Räume vorzustellen, die sich sehr von denen unterscheiden, in denen sie unterrichtet wurden oder einen Großteil ihres Arbeitslebens verbracht haben. Es ist einfach, sich existierende Räume vorzustellen, die heller und besser möbliert sind, aber schwieriger, einen Plan für eine radikal andere Art von Lernerlebnis zu entwickeln. Dies kann genauso für Architekten und Architektinnen gelten, deren Erfahrung mit Hochschulbildung möglicherweise relativ traditionell war: sie können architektonisch stimulierende Gebäude entwerfen, brauchen aber eine Menge Input von Mitarbeitenden und Studierenden damit diese als Lernräume des 21. Jahrhunderts funktionieren. Bruce Rodger, Head of Infrastructure, University of Strathclyde, betont die Notwendigkeit der Institution, über ihre eigene Vision und was sie erreichen will nachzudenken, bevor sie externe Beratung hinzuzieht: „Manchmal werden Architekten etwas zu früh im Prozess eingebunden. Wir müssen sorgfältig über die wesentlichen Nutzungen des Raumes nachdenken, bevor Designkonzepte in Stein gemeißelt werden.“
Die gute Nachricht: kreatives Denken ist eine Fähigkeit, die man entwickeln kann und es viele Techniken gibt, die das unterstützen, wie z.B. der Learning Space Canvas von Robert Fitzgerald, INSPIRE Centre, University of Canberra.
Die Nutzung von Metaphern kann hilfreich sein, um Stakeholder dazu anzuregen, einen frischen Blick auf die Ideen eines Lernraums und die Einrichtungen, Aktivitäten und Zusammenhänge zwischen ihnen zu werfen. An der Glasgow Caldonian University wurden bei der Entwicklung des Saltire Centre Metaphern genutzt, wie z.B. das Erdgeschoss als Stadt und Markplatz, die erste Ebene mit 3 Eingängen und Ausgängen als Abflughalle eines Flughafens und andere, ruhigere Ebenen als heimischer Garten und Wohnzimmer. An der University of Birmingham wurde die Metapher eines durch ein Gebäude wachsenden Baums genutzt, um Ideen anzuregen, die das Innere nach draußen tragen und das Äußere nach innen. An der Loughborough University enthielt der Beratungsprozess für den Design School Hörsaal einen Workshop, bei dem die Teilnehmenden mit Hilfe von Knetmasse eine Metapher entwickelten.
Ein Beispiel zur Nutzung einer Metapher, angelehnt an die Arbeit von Martin (2010) über Kreativität:
Stakeholder dazu einladen, über eine passende Metapher für den Lernraum nachzudenken und die Art der Aktivitäten aufzulisten, die ihnen dazu einfallen. Z.B. könnten sie einen Garten wählen und Dinge auflisten, die man mit einem Garten tun kann, wie z.B.
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Beobachten und zusehen, was passiert
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Alles umgraben und von neuem beginnen
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Ihn erkunden, Unkraut jäten, aufräumen
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Dinge hinzufügen, wegnehmen oder ersetzen
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Wände und Zäune bauen
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Wege schaffen
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Neu organisieren, neue Gruppen machen, Dinge verrücken
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Vielfalt an Blumen, Gemüse und Obst wachsen lassen
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Vögeln und Bienen lauschen
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In der Sonne liegen und nachdenken
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Grillen
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Aussicht einrahmen oder verändern
Als nächstes sollen sie die Metapher auf die reale Situation anwenden und die Gartenideen dem Lernraum überstülpen. Was sind die Auswirkungen auf den Raum? Einige Beispiele können sein:
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Alles umgraben und von neuem beginnen – riskieren wir, ein wertvolles Habitat oder wichtiges Teil des Ökosystems wegzunehmen? Welche unerwünschten Unkräuter treten auf, wenn wir nicht genug Instandhaltung machen?
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Wände und Zäune bauen – ist es sinnvoll, Wände und Zäune um Lernbereiche zu haben? Ist dies unverzichtbare Zonierung oder ein Hindernis für verknüpftes Lernen? Können wir Zäune entfernen oder sie meiden, wenn wir wollen? Brauchen wir Tore, Türen und Öffnungen?
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Wege schaffen, Dinge verbinden, Trittsteine einbauen – Darüber nachdenken, wie die Richtung von Wegen/Pfaden die Sicht und die Leichtigkeit bestimmte Arbeiten auszuführen zu unterschiedlichen Zeiten im Jahr beeinflusst.
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Vielfalt an Blumen, Gemüse und Obst wachsen lassen – wie machen wir den Boden fruchtbar für verschiedene Arten von Lernen
Es gibt eine Vielzahl weiterer Möglichkeiten, die ursprüngliche Idee eines Gartens aufzugreifen, wie z.B. einen Teich anlegen, Baumwachstum fördern, einen Sandkasten bauen, eine Schaukel aufhängen… Keine zwei Gruppen werden sich jemals dieselben Antworten zu dieser Art von Frage ausdenken, aber es kann sehr hilfreich sein, auf diese Dinge auf eine andere Art zu schauen, die nicht durch unsere spezifischen professionellen Perspektiven eingeschränkt ist.
Die University of Birmingham hat auch Pinterest als ein Mittel genutzt, um breite Stakeholder Beteiligung zu unterstützen. Pinterest ist ein virtuelles „Mood Board“ und Raum für Zusammenarbeit, den die Universität bei den ersten Designmeetings nutzte um die Zielvorgaben für ein Hochschulgebäude zu entwickeln. Matt Sherlock, Assistant Director, Learning Environments, University of Birmingham berichtet “Manchmal muss man Stakeholder mit ungewöhnlichen Ideen zupflastern, um ihr Interesse zu wecken.“ Matt empfand es als relativ leicht, die Leute dazu zu bringen, sich mit den Ideen auf Pinterest auseinanderzusetzen, weil sie sich raussuchen können, ob sie das Material einfach passiv aufnehmen oder teilnehmen und Beiträge von anderen bewerten wollen. Die Verwendung dieses Tools bot der Bauabteilung neue Möglichkeiten, Anforderungen zu betrachten, um diese besser den Architekten/-innen kommunizieren zu können.
Viele Leute finden Pläne von Architekten/-innen schwer zu verstehen und haben Schwierigkeiten sich vorzustellen, wie der Raum in Wirklichkeit aussehen könnte. Das bedeutet, dass es wichtig ist, schon in einem frühen Stadium eine leicht verständliche visuelle Repräsentation zu haben. Fortschritte in digitaler Technologie ermöglichen es Architekten/-innen, viel leichter und früher im Projekt 3D Visualisierungen produzieren zu können.