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7.6.5 Foto-Interviews / Fototagebuch

Das Foto-Interview oder Fototagebuch ist eine qualitative Forschungsmethode, bei welcher der Untersuchende dem/der Befragten eine Kamera und eine Liste von Aufforderungen zum Fotografieren gibt. Nach dem Fotografieren über einen bestimmten Zeitraum (über kurze Zeit bis zu mehreren Tagen) führt der Untersucher ein Interview mit dem Teilnehmenden durch, wobei die Fotos zum Einholen von Informationen verwendet werden. Diese Methode führt die Bilder und Worte der Befragten zusammen und verleiht so deren Perspektive mehrere Dimensionen. Sie kann verwendet werden, um etwas über die Arbeitspraktiken der Studierenden, ihre Erfahrungen als Mitglieder einer Campus-Gemeinschaft und ihr Verhalten in und Vorlieben für verschiedene Lernräume zu erfahren. Am häufigsten wird sie verwendet, um ein vielseitiges Verständnis für das Leben der Studierenden zu gewinnen, kann aber auch genutzt werden, um mehr darüber zu erfahren, wie Studierende vorhandene Lernräume nutzen und wahrnehmen.

Stärken

  • Fotos in Verbindung mit Beschreibungen und Detailangaben des Befragten bieten einen reichhaltigen Einblick in Verhaltensweisen, Perspektiven und Meinungen.

  • Die Fotos und die Diskussion in einer synchronisierten Videodatei aufzuzeichnen, bietet den Beteiligten eine gute Möglichkeit, das Verhalten, die Vorlieben und die Anforderungen der Nutzenden sowohl zu hören als auch zu sehen.

Schwächen

  • Der Untersuchende benötigt Zugang zu Kameras und ein Verfahren zur Ausleihe / Zuweisung an die Befragten.

  • Wenn es einen Abstand zwischen der Übergabe einer Kamera an den Teilnehmenden und dem Interview gibt, kann das größere logistische Herausforderungen bei der Planung der Treffpunktzeiten und des Interviews mit sich bringen.

  • Die Methode ist zeitintensiv, da es sich um eine Eins-zu-Eins-Methode handelt.

  • Der Interviewende muss in der Lage sein, eine Beziehung zum Befragten aufzubauen.

* Diese Methode wurde durch die Arbeit von Nancy Fried Foster und dem Forschungsteam der Bibliothek der Universität Rochester in der Bibliotheksbenutzerforschung populär gemacht. Siehe Studying Students: The Undergraduate Research Project at The University of Rochester.

Zu berücksichtigende Punkte

  • Mit einem kleinen Team sollte man eine Liste mit 10-15 Fotoanweisungen (d.h. „Ihr Lieblingsplatz zum Lernen”) erstellen, die eine Reihe von Themen abdecken. Siehe Beispiele im Learning Space Toolkit’s Needs Assessment Data Gathering Tools. Vielleicht sollten die Evaluationsfachleute der Universität konsultiert werden, um das Design der Studie und die Interpretation der Ergebnisse zu besprechen.

  • Digitalkameras verwenden und, wenn möglich, ein Verfahren einrichten, mit dem eine Kamera an die Studierenden ausgegeben wird. Man kann Studierende auch bitten ihre eigenen Fotos mit ihren Smartphones aufzunehmen und die Fotos an den Interviewer zu schicken.

  • Die Foto-Interview-Methode erfordert, dass man (1) sich mit dem Teilnehmenden trifft, um den Ablauf zu erklären und ihm/ihr die Kamera und die Liste der Aufforderungen zu geben, (2) die Kamera vom Teilnehmenden zurückerhält und (3) das Interview führt. Diese mehrstufige Methode erfordert, dass man sich mehrmals mit dem Teilnehmenden trifft. Um Terminkomplikationen zu vermeiden, sollten man gut vorausplanen.

  • Wenn sich die Studie darauf konzentriert, wie die Teilnehmenden einen bestimmten Raum wahrnehmen und nutzen, kann der Prozess auf einen Tag oder sogar eine Stunde komprimiert werden, wodurch die Anzahl der Treffen mit dem Teilnehmenden verringert wird. Man trifft sich mit dem Teilnehmenden und übergibt die Kamera und die Aufforderungen. Nach einer bestimmten Zeitspanne (z.B. 30 Minuten) trifft man sich wieder und führt das Interview durch.

  • Die Anwerbung von Teilnehmenden und die Planung von Interviews kann mehr Zeit in Anspruch nehmen als erwartet. Studierende benötigen in der Regel einen Anreiz zur Teilnahme.

  • Das Interview sollte an einem Ort stattfinden, der für die befragte Person praktisch, ruhig und bequem ist. Vielleicht kann man das Interview im Büro eines Teilnehmenden oder in einer ruhigen Umgebung in der Nähe des Arbeitsplatzes oder Aufenthaltsorts auf dem Campus durchführen.

  • Während des Interviews dienen die Fotos als Gesprächsgerüst. Die Fotos werden verwendet, um nützliche Informationen zu erhalten, die in der ursprünglichen Aufforderung nicht direkt enthalten waren. Die Befragten sollten ausreichend Zeit haben, um zu antworten. Man sollte sich angewöhnen zu pausieren und die Befragten nachdenken und reden zu lassen.

  • Man kann Screencast-Programme (Bildschirmaufzeichnungsprogramm) nutzen, um die Bilder synchron mit dem Interviewverlauf aufzeichnen.

  • Sich so bald wie möglich nach Abschluss des Interviews Zeit nehmen, um wichtige Ideen und Erkenntnisse zu dokumentieren, die auffielen. Diese Notizen können schon vor einer vertieften Analyse der Interviewdaten hilfreich sein.

  • Bei der Arbeit mit menschlichen Teilnehmenden ist die Zustimmung der lokalen Ethikkommission erforderlich. Man sollte mit der eigenen Institution zusammenarbeiten, um die entsprechenden Ausnahmen und/oder Genehmigungen zu beantragen, bevor man mit den Teilnehmenden arbeitet.

Ressourcen Fotographische Methoden

  • Beispiel Fotointerview Aufforderungen – Beispielhafte Aufforderungen, die in den Bibliotheken der NCSU als Teil eines Foto-Interview-Projekts (Fototagebuch) verwendet wurden, das darauf ausgerichtet war, Meinungen und Perspektiven zu bestehenden Räumen und Dienstleistungen kennenzulernen.

  • Bedi, S., & Webb, J. (2017). Through the Students’ Lens: Photographic Methods for Research in Library Spaces. Evidence Based Library and Information Practice, 12-2. Link zu Artikel

  • Foster, N., & Gibbons, S. (Eds.). (2007). Studying students: The Undergraduate Research Project at the University of Rochester. Chicago, IL: Association of College and Research Libraries. http://hdl.handle.net/1802/7520

  • Gabridge, T., Gaskell, M., & Stout, A. (2008). Information seeking through students’ eyes: the MIT photo diary study. College & Research Libraries, 69(6), 510-523. doi: 10.5860/crl.69.6.510